Am 23. Juli kam Christian Wulff ins Osnabrücker Theater. Er wollte sein Buch vorstellen. Vor dem Theater stehen die Ameos Kollegen und machen auf ihren Kampf um einen neuen Haustarifvertrag aufmerksam. Christian Wulff war einer der Verantwortlichen beim Verkauf des Landeskrankenhauses an die Schweizer Ameos. Keinem Beschäftigten sollte es schlechter gehen. Daraus wurde nix – siehe das Interview mit Nicole Verlage von Ver.di. Herrn Wulff dürfte es mittlerweile egal sein, er hat andere Sorgen. Dem Rat der Stadt Osnabrück aber nicht und der appelliert an die Geschäftsführung der Ameos, den “verantwortungslosen Umgang mit den Mitarbeitern“ zu beenden. Siehe: http://www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/494746/osnabrucker-rat-mahnt-ameos-zentrale . Den Beschäftigten ist es verständlicherweise auch nicht egal. Erst Recht nicht jenen, die jetzt in der Ameos eigenen Leiharbeitsfirma arbeiten. Unter schlechteren Bedingungen, trotz der satten Gewinne, die das Krankenhaus einfährt. Deshalb kämpfen sie: http://www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/494181/300-ameos-beschaftigte-demonstrieren-in-osnabruck , http://weser-ems.verdi.de/themen/nachrichten/++co++3b000e40-ebd7-11e3-a476-52540059119e
Hier ist dazu ein Interview mit Nicole Verlage (ver.di), aus dem „roten Käfer“, der DKP Betriebszeitung für VW und Valmet ( http://dkpos.blogsport.de/roter-kaefer/ ):
Angst verbreitet, wo Angst genommen werden soll. . .
Roter Käfer: Im Jahr 2007 wurden die Landeskrankenhäuser Osnabrück und Hildesheim privatisiert und an Ameos verkauft. Damals hieß es sinngemäß: nach der Privatisierung wird es keinem schlechter gehen, aber vielen besser. Wie sieht die Bilanz der Beschäftigten heute aus?
Nicole Verlage: Die Bilanz der Beschäftigten fällt eindeutig negativ aus. Es macht sich einfach bemerkbar, dass Ameos ein privatwirtschaftliches Unternehmen ist, dass unter der Zielstellung arbeitet, Geld zu verdienen. Ameos hat einen Teil der Beschäftigten über eine eigene Leiharbeitsfirma eingestellt. In Osnabrück betrifft dies etwa 120 – 140 Leiharbeiter, darunter auch Therapeuten und Pflegepersonal, die den deutlich schlechteren iGZ-Tarif der Zeitarbeitsbranche bekommen. Dabei arbeiten diese Kollegen teilweise seit bis zu sieben Jahre auf der selben Stelle.
RK: Woran liegt es Deiner Meinung nach, dass es immer wieder zu Kritik von Patienten und Angehörigen kommt? Auch in Osnabrück gab es ja in der Vergangenheit Berichte über die unzureichende Versorgung z.B. von Demenzkranken.
NV: Schaut man sich nur die Kopfzahlen an, dann hat sich der Personalschlüssel nicht verschlechtert, aber der Grad der Qualifikation ist geringer geworden. Da liegt sicherlich ein wesentliches Problem. Jeder Patient, der sich in der Psychiatrie in Behandlung befindet, hat ein besonderes Interesse an guten Arbeitsbedingungen und einer hohen Qualifikation der Beschäftigten.Fachkräfte müssen durchgängig die Versorgung leisten.
RK: Zum 23. Juni 201 4 hatte ver.di zum Streik bei Ameos in Osnabrück aufgerufen. Der wurde abgesagt. Warum? Haben die Beschäftigten nicht mitgezogen?
NV: Im Gegenteil, die Stimmung unter den Beschäftigten ist kämpferisch. Warum der Streik abgesagt wurde, ist einfach zu erklären: Ameos hatte sich geweigert, mit uns eine Notdienstvereinbarung abzuschließen und vertrat den Standpunkt, die Pflege müsse während des Streiks normal weiterlaufen. Eine Notdienstvereinbarung regelt die Mindestbesetzung auf den Stationen, damit keine Patienten zu Schaden kommen. Die Klinikleitung hat dann kurz vor dem Streik die Beschäftigten aufgefordert, sich nicht am Warnstreik zu beteiligen und die Leiharbeiter gebeten, zur Arbeit zu kommen. Das hat zu einer kurzfristigen Verunsicherung unter den Beschäftigten geführt, deshalb haben wir den Streik dann abgesagt. Die eigentliche Streikwirkung konnten wir dennoch erzielen: Ameos hatte sich auf den bevorstehenden Streik bereits eingestellt, musste dann aber die vollständig erschienene Belegschaft bezahlen. Gleichzeitig konnten vorher abgesagte Behandlungstermine nicht mehr durchgeführt werden. Der wirtschaftliche Schaden ist also in etwa so, als wenn der Streik stattgefunden hätte.
RK: Es klingt, als wenn die Geschäftsführung einen enormen Druck auf die Beschäftigten ausübt…
NV: …und dabei auch das Arbeitsklima massiv beeinträchtigt. Ja, ich muss schon sagen, manchmal fehlt mir wohl die nötige Phantasie. Was die Geschäftsführung alles ausheckt, um die Beschäftigten davon abzuhalten ihre Rechte einzufordern, ist erstaunlich. Zum Glück haben wir erfahrene Kollegen, die das bereits kennen und sich entsprechend äußern. Da habe ich anfangs manchmal gedacht: „das ist jetzt aber Schwarzmalerei“. Meist kommt es dann noch ein bisschen derber. Die Situation ist vor allem deshalb problematisch, weil hier Angst unter den Beschäftigten erzeugt wird. Und die sind ja eigentlich dazu da, anderen die Angst zu nehmen. Ein entspanntes Betriebsklima wäre also auch für die Patienten enorm wichtig.
RK: Wie geht es weiter?
NV: Wir sind gut aufgestellt. Trotz der schwierigen Situation, in der sich gerade die befristeten Beschäftigten befinden, überwiegt inzwischen die Wut über die hohe Belastung und die mangelnde Perspektive. Trotz der Zersplitterung der Belegschaft durch Ausgliederung und unterschiedliche Bezahlung: die Forderung nach einem einheitlichen Tarifvertrag für alle Beschäftigten in Osnabrück und Hildesheim eint die Kollegen. Damit die Geschäftsführung von Ameos aber überhaupt an den Verhandlungstisch gezwungen werden kann, braucht es weitere Aktionen. Am 28. Juli wird es eine Demonstration in Osnabrück geben. Hier ist die Unterstützung aus der Bevölkerung, von Patienten und Angehörigen, sehr willkommen. Wir richten uns jedenfalls auf eine harte Auseinandersetzung ein, auch auf längere Streikaktionen – wenn nötig.