Offener Brief der Osnabrücker Friedensinitiative an Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius

Über die Internetseite www.osnabruecker-friedensinitiative.de kann man die zugehörige Petition bei change.org unterstützen.

3.11.2023

Sehr geehrter Herr Verteidigungsminister Pistorius,

am 29. Oktober 2023 haben Sie in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ u. a. erklärt:

„Wir brauchen einen Mentalitätswechsel … Wir brauchen ihn aber auch in der gesamten Gesellschaft … Wir müssen kriegstüchtig werden, wir müssen wehrhaft sein und die Bundeswehr und die Gesellschaft dafür aufstellen.“ (1)

Als erfahrener, bedachter und seine Worte wohl wählender Politiker haben Sie von „kriegstüchtig“ und nicht von „verteidigungstüchtig“ gesprochen.

Das hat bei uns Entsetzen, Fassungslosigkeit und Empörung ausgelöst. So spricht ein ehemaliger Oberbürgermeister der Friedensstadt Osnabrück, die in diesem Jahr des Friedensschlusses vor 375 Jahren und eines Krieges, der 30 Jahre lang die Menschen in Elend, Not und Tod gestürzt hat, gedenkt!?

Die Stadt Osnabrück schreibt zu diesem Gedenkjahr: „Damals entstand die Idee, Europa als Friedensbund zu sehen. Auch wenn diese Idee fast 400 Jahre alt ist, ist sie so aktuell wie eh und je.“

In den damaligen Verhandlungen haben sich ehemalige Kriegsgegner die Hand gereicht und einander vertraut. (2)

Als Bundesverteidigungsminister sind Sie nicht der Kriegslogik verpflichtet, sondern dem Friedensgebot des Grundgesetzes.

Erich Maria Remarque hat in seinem Weltbestseller „Im Westen nichts Neues“ beschrieben, wie in einer Atmosphäre der Kriegsbegeisterung junge Menschen bedrängt wurden, freiwillig in den 1. Weltkrieg zu ziehen. Spätestens nach dieser Lektüre sollten wir wissen, wohin Kriegstüchtigkeit und Kriegsbegeisterung führen – damals aber auch heute. Remarque hat zehn Jahre nach dem 1. Weltkrieg das Grauen geschildert und für Friedenstüchtigkeit plädiert.

In Ihrer Zeit als Oberbürgermeister von Osnabrück haben Sie Jahr für Jahr beim traditionellen Steckenpferdreiten am Friedenstag im Oktober den Osnabrücker Viertklässlern eine Brezel auf der Rathaustreppe überreicht. Mit dem Steckenpferdreiten wird „einmal im Jahr spielerisch ein Zeichen für Toleranz und ein friedliches Zusammenleben gesetzt.“ (3)

In der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) vom 26.10.2009 werden Sie zitiert: „Was gibt es Schöneres, als Brezeln an Kinder zu verteilen, die vom Friedensgedanken beseelt sind?“ (4)

Massive Aufrüstung und Kriegsbereitschaft wie wir sie in Deutschland und anderen Ländern zur Zeit erleben sowie Aussagen wie „Wir müssen kriegstüchtig werden.“ sind hingegen wieder eine neue Bedrohung für den Frieden.

Sehr geehrter Herr Pistorius, Ihre Äußerungen in der Sendung „Berlin direkt“ vom 29.10.2023 können Sie nicht so unkorrigiert stehen lassen – es sei denn, Sie stellen alles in Frage, was Sie in den Jahren als Oberbürgermeister der Friedensstadt Osnabrück verkörpert haben.

In der Präambel unseres Grundgesetzes heißt es: „ … von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben“. In Ihrem Amtseid haben Sie gelobt, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes „zu wahren und zu verteidigen“. Das geschieht nicht dadurch, dass Sie Kriegstüchtigkeit fordern und ausrufen.

Mit freundlichen Grüßen

Johannes Bartelt Maria Eckel

Thomas Müller Horst Simon

Quellen:

(1) https://www.zdf.de/politik/berlin-direkt/pistorius-wir-muessen-kriegstuechtig-werden-berlin-direkt-100.html

(2) https://friedensstadt.osnabrueck.de/de/jubilaeum/

(3) https://friedensstadt.osnabrueck.de/de/was-wir-machen/osnabruecker-steckenpferdreiten/

(4) https://www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/osnabrueck-beim-steckenpferdreiten-gibt-es-nur-sieger-24128622

Der offene Brief zum Download: https://osnabrueck-alternativ.de/wp-content/uploads/2023/11/Brief_B-P_3-11-23_ThM_OFRI-oU.pdf

Offener Brief an Wolfgang Griesert: Fridays For Future fordern jetzt sichere Radwege vom Oberbürgermeister der Stadt Osnabrück!

19. Juni 2020

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Griesert,

Dem Klimaschutzbericht unserer Stadt ist zu entnehmen, dass sich die CO2-Emissionen des städtischen Verkehrs seit 1990 um 11% erhöht haben. Das eigentliche Ziel, das erreicht werden soll, nämlich eine Reduktion um 40% bis 2030, wirkt vor diesem Hintergrund sehr unrealistisch! 

Wir brauchen jetzt sofort wirksame Schritte hin zu einer Verkehrswende in dieser Stadt und eine Abkehr von der autofreundlichen Politik der letzten Jahrzehnte. 

Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, ist es, das Fahrradfahren attraktiver zu machen durch mehr breite und sichere Radwege. 

“Wer es mit der Verkehrswende wirklich ernst meint, muss mehr tun, als gelegentlich den ökologischen Zeitgeist mit ein wenig unverbindlicher Symbolpolitik zu streicheln. Er muss im Rat konsequente Entscheidungen treffen, die ihm so mancher Autofahrende sicherlich nicht so schnell verzeihen wird. Ob zum Beispiel die Osnabrücker CDU, die zuletzt bisweilen den Eindruck erweckte, grüner sein zu wollen als die Grünen, dazu tatsächlich bereit sein wird? Das muss sich erst noch zeigen.” 

  • Jörg Sanders, NOZ Kommentar “Osnabrücker Radler brauchen gute Radwege, keine Pop-up-Bike-Lanes” vom 12.06.2020″

Für uns steht fest: Auf lange Sicht müssen gut ausgebaute Radwege her, die auch zwangsläufig Teile des heutigen Verkehrsraums des motorisierten Individualverkehrs belegen werden –  Pop-Up-Bikelanes sind somit nicht die Lösung.
Sie sind etwas, das jetzt passiert und direkt einen Vorteil für die Menschen bringt.
Sie sind Platzhalter, an deren Stelle später etwas Dauerhaftes entstehen kann. Und sie bieten einen Erfahrungsraum, in dem sowohl Auto- als auch Fahrradfahrende an einigen Stellen in der Stadt einen Vorgeschmack auf das bekommen, was sie bald in ganz Osnabrück erwarten könnte. Niemand wird sich von Heute auf Morgen an geänderte Straßenführungen gewöhnen, das ist völlig normal.
Doch es muss ein Anfang geschaffen werden!

Auf eine Anfrage von Fridays For Future zur Genehmigung von Pop-Up-Bikelanes als Aktivismusform in Osnabrück kam vonseiten der Stadt folgende Antwort zurück:
“nach Rücksprache mit meinem Kollegen lehnen wir die Einrichtung einer Pop-Up-Bikelane

aus Gründen der Verkehrssicherheit in der Stadt Osnabrück ab.”

Doch was heißt Verkehrssicherheit für die Stadt Osnabrück eigentlich?!

Seit dem Jahr 2000 gab es 30 getötete Radfahrende auf Osnabrücks Straßen,
zuletzt im Januar eine 18-Jährige, die auf der Pagenstecher Straße von einem Lastwagen getötet wurde – auch dort nur ein zu schmaler Radweg.

Hätte die Stadt Osnabrück ein tatsächliches Interesse daran, die Sicherheit auf ihren Straßen zu erhöhen, so wäre sie mit uns eine Kooperation zur Installation provisorischer Radwege mit professioneller Unterstützung eingegangen.

Damit verliert das einzig vorstellbare Argument –

die vermeintliche Unsicherheit von Pop-Up-Bikelanes, die durch engagierte Bürgerinnen und Bürger ohne verkehrsplanerische Ausbildung installiert wurden –  seine gesamte Schlagkraft.
Und die Stadt Osnabrück verliert die Glaubwürdigkeit in ihrem Willen, ihrer Verpflichtung laut Grundgesetz, “Das Recht auf Leben und gegen Verletzungen (…) zu schützen”, gerecht zu werden. 

Stadtbaurat Frank Otte, 2015 in einem NOZ-Interview:
“Woher stammen die Diskrepanzen zwischen Autofahrenden und Radfahrenden?

Die Stimmung [zwischen Auto- und Radfahrenden] ist teilweise gereizt.
Das liegt an der Raumverteilung und am Selbstverständnis der Autofahrenden,
die lange bevorzugt wurden.
Wir wollen Radfahrenden aber mehr Fläche zur Verfügung stellen. In der weiteren Entwicklung geht es darum, den motorisierten Verkehrsteilnehmer*innen Raum zu nehmen. Anders geht es nicht. Dabei geht es nicht darum, Autofahrende aus der Stadt zu verdrängen. Aber es gibt viele Autofahrten in der Stadt, die nicht nötig sind und mit dem Rad oder ÖPNV möglich sind.
Daran müssen wir arbeiten.”

Seitdem hat sich, wie wir wissen, kaum etwas geändert.

Herr Wolfgang Griesert, wir fordern von Ihnen, dass Sie der Stadtverwaltung den Handlungsspielraum geben, die lebensrettenden Vorschläge, die seit Jahren existieren, endlich umzusetzen! 

Es ist uns wichtig, dass auch die Osnabrücker Öffentlichkeit von unserem Anliegen erfährt. Daher erlauben wir uns, diesen Brief ebenfalls an die lokale Presse weiterzuleiten.

Freundliche Grüße

Fridays For Future Osnabrück