19. Juni 2020
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Griesert,
Dem Klimaschutzbericht unserer Stadt ist zu entnehmen, dass sich die CO2-Emissionen des städtischen Verkehrs seit 1990 um 11% erhöht haben. Das eigentliche Ziel, das erreicht werden soll, nämlich eine Reduktion um 40% bis 2030, wirkt vor diesem Hintergrund sehr unrealistisch!
Wir brauchen jetzt sofort wirksame Schritte hin zu einer Verkehrswende in dieser Stadt und eine Abkehr von der autofreundlichen Politik der letzten Jahrzehnte.
Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, ist es, das Fahrradfahren attraktiver zu machen durch mehr breite und sichere Radwege.
“Wer es mit der Verkehrswende wirklich ernst meint, muss mehr tun, als gelegentlich den ökologischen Zeitgeist mit ein wenig unverbindlicher Symbolpolitik zu streicheln. Er muss im Rat konsequente Entscheidungen treffen, die ihm so mancher Autofahrende sicherlich nicht so schnell verzeihen wird. Ob zum Beispiel die Osnabrücker CDU, die zuletzt bisweilen den Eindruck erweckte, grüner sein zu wollen als die Grünen, dazu tatsächlich bereit sein wird? Das muss sich erst noch zeigen.”
- Jörg Sanders, NOZ Kommentar “Osnabrücker Radler brauchen gute Radwege, keine Pop-up-Bike-Lanes” vom 12.06.2020″
Für uns steht fest: Auf lange Sicht müssen gut ausgebaute Radwege her, die auch zwangsläufig Teile des heutigen Verkehrsraums des motorisierten Individualverkehrs belegen werden – Pop-Up-Bikelanes sind somit nicht die Lösung.
Sie sind etwas, das jetzt passiert und direkt einen Vorteil für die Menschen bringt.
Sie sind Platzhalter, an deren Stelle später etwas Dauerhaftes entstehen kann. Und sie bieten einen Erfahrungsraum, in dem sowohl Auto- als auch Fahrradfahrende an einigen Stellen in der Stadt einen Vorgeschmack auf das bekommen, was sie bald in ganz Osnabrück erwarten könnte. Niemand wird sich von Heute auf Morgen an geänderte Straßenführungen gewöhnen, das ist völlig normal.
Doch es muss ein Anfang geschaffen werden!
Auf eine Anfrage von Fridays For Future zur Genehmigung von Pop-Up-Bikelanes als Aktivismusform in Osnabrück kam vonseiten der Stadt folgende Antwort zurück:
“nach Rücksprache mit meinem Kollegen lehnen wir die Einrichtung einer Pop-Up-Bikelane
aus Gründen der Verkehrssicherheit in der Stadt Osnabrück ab.”
Doch was heißt Verkehrssicherheit für die Stadt Osnabrück eigentlich?!
Seit dem Jahr 2000 gab es 30 getötete Radfahrende auf Osnabrücks Straßen,
zuletzt im Januar eine 18-Jährige, die auf der Pagenstecher Straße von einem Lastwagen getötet wurde – auch dort nur ein zu schmaler Radweg.
Hätte die Stadt Osnabrück ein tatsächliches Interesse daran, die Sicherheit auf ihren Straßen zu erhöhen, so wäre sie mit uns eine Kooperation zur Installation provisorischer Radwege mit professioneller Unterstützung eingegangen.
Damit verliert das einzig vorstellbare Argument –
die vermeintliche Unsicherheit von Pop-Up-Bikelanes, die durch engagierte Bürgerinnen und Bürger ohne verkehrsplanerische Ausbildung installiert wurden – seine gesamte Schlagkraft.
Und die Stadt Osnabrück verliert die Glaubwürdigkeit in ihrem Willen, ihrer Verpflichtung laut Grundgesetz, “Das Recht auf Leben und gegen Verletzungen (…) zu schützen”, gerecht zu werden.
Stadtbaurat Frank Otte, 2015 in einem NOZ-Interview:
“Woher stammen die Diskrepanzen zwischen Autofahrenden und Radfahrenden?
Die Stimmung [zwischen Auto- und Radfahrenden] ist teilweise gereizt.
Das liegt an der Raumverteilung und am Selbstverständnis der Autofahrenden,
die lange bevorzugt wurden.
Wir wollen Radfahrenden aber mehr Fläche zur Verfügung stellen. In der weiteren Entwicklung geht es darum, den motorisierten Verkehrsteilnehmer*innen Raum zu nehmen. Anders geht es nicht. Dabei geht es nicht darum, Autofahrende aus der Stadt zu verdrängen. Aber es gibt viele Autofahrten in der Stadt, die nicht nötig sind und mit dem Rad oder ÖPNV möglich sind.
Daran müssen wir arbeiten.”
Seitdem hat sich, wie wir wissen, kaum etwas geändert.
Herr Wolfgang Griesert, wir fordern von Ihnen, dass Sie der Stadtverwaltung den Handlungsspielraum geben, die lebensrettenden Vorschläge, die seit Jahren existieren, endlich umzusetzen!
Es ist uns wichtig, dass auch die Osnabrücker Öffentlichkeit von unserem Anliegen erfährt. Daher erlauben wir uns, diesen Brief ebenfalls an die lokale Presse weiterzuleiten.
Freundliche Grüße
Fridays For Future Osnabrück
Am 8. April will die rechtspopulistische Partei Alternative für Deutschland (AfD) eine Veranstaltung im städtischen Gemeinschaftszentrum Lerchenstrasse durchführen.
Zahlreiche Gruppen und Einzelpersonen äußern bereits ihren Unmut mit dieser Situation in Stellungnahmen, Briefen und Aufrufen. Hier ist eine Stellungnahme von Chris Cheeseman, Mitglied des Osnabrücker Stadtrats, dazu:
OB Griesert begrüßt AfD in städtischen Räumen!
Osnabrück, 08.04.16. Im Vorfeld der diesjährigen Kommunalwahl hat die AfD bei ihrer Suche nach Räumlichkeiten für eine Parteiveranstaltung einen Verbündeten gefunden: Es ist der Osnabrücker Oberbürgermeister Wolfgang Griesert.
Die Partei hatte sich vergebens bei gastronomischen Betrieben in der Stadt und im Umland bemüht: Die BetreiberInnen waren entweder selbst linksgrün-verblendet oder gaben anhand des Terrors (Mails! Anrufe! Infogespräche!) der vom System bezahlten Antifa klein bei.
Da hatte der OB ein Einsehen. Jahrelang wurde es der perfiden Linkspartei schwer gemacht, in städtischen Räumlichkeiten – gerade auch im GZ Lerchenstrasse – Veranstaltungen (auch nichtöffentliche) durchzuführen, aber für die wurde die Versammlungsfreiheit ja nicht erfunden. Eben dieses Grundrecht und das Parteiengesetz wurde städtischerseits einer kreativen Begutachtung unterzogen, und, siehe da, so etwas ähnliches wie ein Recht der AfD, ihre Veranstaltung in Räumen der Stadt durchzuführen, tauchte auf – in Begleitung von sowas ähnlichem wie einer Verpflichtung für die Stadt, der Partei die Räume zu überlassen.
Die Freude ist groß, gerade bei den städtischen Beschäftigten im Gemeinschaftszentrum, die sich viel zu sehr mit lästigen Arbeitsfeldern wie der Flüchtlingsarbeit, der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund und der Mädchen- und Frauenarbeit beschäftigen müssen. Gerade gegen das letzte, also gegen den von sonst allen propagierten Genderwahn, der offensichtlich auch OB Griesert ein Dorn im Auge ist, richtet sich die Veranstaltung der AfD.
Ist das schon ein Vorgriff auf den neuen Rat? Bahnt sich da eine strategische Zusammenarbeit an? Eines ist klar: Ein Oberbürgermeister Griesert, der auch einem mit der Partei der Bibeltreuen Christen (PBC) befreundeten Immobilienunternehmen den Güterbahnhof überlies, wird für noch manche wohl überlegte Entscheidung gut sein.